Zum Geburtstag nach Troja
„Jeder Ton eine Kostbarkeit“, schrieb ein Kritiker über Joyce DiDonatos Berlioz-Interpretation bei den Baden-Badener Osterfestspielen. Jetzt kehrt die amerikanische Mehrfach-Grammy-Gewinnerin zurück in die Stadt, in der Hector Berlioz große Teile seiner Oper „Die Trojaner“ komponierte, und schlüpft im Galakonzert zum 25. Geburtstag des Festspielhauses mit dem MET Orchestra aus New York in zwei Arien in die Rolle der Dido.
Den Berlioz-Kosmos öffnet MET-Musikdirektor Yannick Nézet-Séguin aber noch deutlich weiter: Es erklingen die Ouvertüre zu „Der Korsar“ sowie die berühmte „Königliche Jagd und Sturm“-Episode aus der Oper „Die Trojaner“. Nach der Pause stellen das amerikanische Orchester und sein kanadischer Chefdirigent Berlioz’ sagenumwobene „Symphonie fantastique“ in den Mittelpunkt. Berlioz etablierte darin die Idée fixe, ein wiederkehrendes Motiv, dessen autobiografischer Bezug diese Sinfonie durchzieht und kompositionstechnisch eine kleine Revolution auslöste. Dass sich Yannick Nézet-Séguin und das MET Orchestra ausgerechnet Hector Berlioz’ Werke für das Galakonzert „25 Jahre Festspielhaus Baden-Baden“ ausgesucht haben, ist kein Zufall. Der Komponist weilte in den 1860er-Jahren regelmäßig in Baden-Baden und etablierte hier das, was wir heute einen „Festival-Betrieb“ nennen. Er lud zu langen musikalischen Abenden in den Kurpark, in dem das von ihm geleitete und durch Musikerinnen und Musiker aus Karlsruhe, Mannheim und Straßburg erweiterte Städtische Orchester klassische und zeitgenössische Werke interpretierte. Berlioz nannte diese Abende „Festival“ und steht daher als Pate der Festspielstadt Baden-Baden zu Recht im Zentrum eines solchen Galaabends. Yannick Nézet-Séguin eröffnet mit diesem Konzert die Sommerfestspiele Baden-Baden 2023, die er mit kuratiert. Sie tragen den Beinamen Baden-Badens, „La Capitale d’Été“ – Sommerhauptstadt, im Titel und knüpfen an die Zeit an, in der Hector Berlioz die Stadt auf den Globus der Musik beförderte.