21.11.22

Zum Abschluss der Herbstfestspiele

Pressestimmen und Eindrücke zum zweiten Wochenende

Mit Verdis "Messa da Requiem" und dem Wagner-Abend am Samstag klingen die Herbstfestspiele 2022 aus. Blicken Sie mit Pressestimmen und unserer Bildergalerie noch einmal zurück auf ein eindrucksvolles Konzertwochenende.

Hohe Kunst des Musizierens

Dirigent Teodor Currentzis machte Verdis „Requiem“ mit dem Ensemble Music Aeterna sowie Solistinnen und Solisten zum großen Konzerterlebnis im Festspielhaus. Currentzis dirigiert ohne Showeffekte, elegant, fließende Bewegungen. Alle Orchestergruppen sind groß und vorzüglich besetzt; sehr warm und intensiv die Celli. Der Chor wird seinem Ruhm gerecht, singt auf höchstem Niveau, beeindruckt durch Rhythmik und Agogik. Andreas Schager ist ein gefeierter Heldentenor, in der Oper zu Hause; das hört und sieht man. Matthias Goerne dagegen hat viel Liederfahrung und einen warmen, lyrischen Bariton. wie Zarina Abaeva im „Libera me“ nach hinten geht, vor den Chor tritt und mit ihrem klaren, weit tragenden Sopran das Rettemich- Gebet über alle hinweg in unsere Herzen schickt, das hat große Klasse. Wie Currentzis das gewaltige „Dies Irae“ auf uns bis zur Schmerzgrenze herabdonnern lässt, war keine Überraschung. Aber bekanntlich sind nicht die lauten, sondern die leisen Stellen die hohe Kunst des Musizierens. Diese Kunst beherrscht Currentzis. Wie er mit der riesigen Besetzung den Anfang, der so schlicht aus dem Nichts kommt, gestaltet, ist meisterhaft. Requiem oder Oper – die Frage blieb unbeantwortet. Ein großes Konzerterlebnis war es allemal. Lange Stille vor dem Jubel.

Offenburger Tageblatt

Jubel auf der Bühne und im Zuschauerraum

Das Haus war voll, insgesamt wurden für die drei Konzerte mit Currentzis 3800 Karten verkauft.

Mitreißende Wirkung

Wenn sie [die Wagner-Werke] klug, wie in Baden-Baden, zusammengestellt sind, entfalten sie auch ohne Bühne eine mitreißende emotionale, fast religiöse Wirkung. im Festspielhaus gab es riesige Begeisterung. Currentzis begann mit der „Tannhäuser“- Ouvertüre und Wolframs Lied an den Abendstern, wunderbar weich und wehmütig von Matthias Goerne mit seinem warmen Bariton gesungen. Den berühmten Anfang (des Lohengrin-Vorspiels) mit den kaum hörbaren, aus der tiefen Stille aufsteigenden Geigen gestaltet Currentzis wie ein Hohepriester, holt das Überirdische ans Licht. Zu diesem Pianissimo gehören Können und Mut.

Offenburger Tageblatt

Gegen die Stürme der Politik

Zu hören ist: Wagner, den Currentzis bislang wenig dirigiert hat, liegt ihm. Die Wellen des „Tristan“-Vorspiels rollen langsam an, verdichten sich nach und nach zur Brandung, sehr plastisch und unablässig in der Energie. Das Überschäumende, Ekstatische der Musik kommt der romantischen Entgrenzung und Leidenschaft für Extreme entgegen, mit der der griechisch-russische Dirigent sein Publikum von je in Verehrer und Verächter spaltet. Music Aeterna spielt wie oft im Stehen, füllt jede einzelne Note mit Intensität. Das Publikum im gut gefüllten Baden-Badener Festspielhaus jedenfalls unterstützt MusicAeterna geradezu demonstrativ bei beiden Konzerten: Schon beim Auftritt werden Chor und Orchester beklatscht, bis der Letzte auf der Bühne ist. Und Andreas Schager wie Matthias Goerne, obwohl im italienischen Fach nicht sonderlich profiliert, werfen sich mit Verve in die Aufführung von Verdis Requiem. Besonders Schager löst die (für einen Heldentenor hohe) Tessitur glänzend.

Süddeutsche Zeitung

Gefühle in naturgewaltige Musik transferiert

Der Abend war ein Erlebnis. Ganz leise fast hingehauchte Musik, die sich steigert in Noten des Zorns, laut durch Deutschlands größtes Festspielhaus donnert, einen mitreißt und viele Gänsehautmomente bietet. Der musikgewaltige Abend endete mit absoluter Stille. Teodor Currentzis hielt inne, um die Wirkung des Werkes noch lange nachhallen zu lassen, bevor er seine Arme senkte und seinen Chor und sein Orchester für den verdienten Beifall freigab.

Schwarzwälder Bote

Es geht nicht um Putin, es geht um Kunst

Teodor Currentzis zeigt in Baden-Baden, dass er abseits von Show und Politik wirklich ein guter Dirigent ist

Wem nützt es, wenn Currentzis durch eine im Westen geforderte Anti-Putin-Erklärung seinen Musikern die Existenzgrundlage entzieht? Je länger Currentzis dieses erzwungene Statement verweigert, desto bizarrer wird seine Einforderung. Umso unerheblicher wird sie allerdings auch im Hinblick auf seine künstlerische Leistung. Die Botschaft dieses Wagner-Abends verkündete der Schlusschor aus den "Meistersingern": "Wach auf!" mit der Begrüßung der Morgenröte einer neuen Zeit. Die Botschaft des "Requiems" war ebenso unmissverständlich: Wir werden alle zur Rechenschaft gezogen, und wehe dem, der dem Weltgericht des "Dies irae" ausgesetzt ist. Reichen diese Botschaften nicht als Bekenntnisse eines großen Musikers aus? Und gehen wir nicht geläutert aus diesen Konzerten hinaus, weil wir begriffen haben, dass die Kunst schon alles gesagt hat? Dass sie uns praktisch wie metaphysisch beim Überleben hilft?

Frankfurter Allgemeine Zeitung

VERDI – WAGNER – Musik von Befreiung, Tod, Mythos

Teodor Currentzis und musicAeterna beeindruckten im Festspielhaus Baden-Baden mit einer machtvoll berührenden Messa da Requiem von Giuseppe Verdi und präsentierten eine filigrane Interpretation ausgewählter Werke Richard Wagners.

Zum Requiem:

Voller Energie und mit einnehmender Körpersprache stand Currentzis im Zentrum der Musik. Stetige und aufmerksame Kommunikation auf der Bühne, Musikerinnen und Musiker, die alles in dieses Streben hin zum perfekten Klang legten, zeugten abermals von der Klasse dieses Ensembles. Eindringlich subtil sang Goerne die Basspartie, und Schagers unverkennbarer Tenor drang energiegeladen nach vorne. Unübertroffen waren zudem Abaeva und Hubeaux. Während selten ein solch mächtiger und gleichzeitig präziser Sopran zu erleben ist, traf auch Hubeaux immer wieder gesanglich virtuos genau den Kern der Musik.

Wagner-Konzert:

Der Dirigent setzte an diesem Abend nicht auf überwältigende Schwere und dichte Klanggewalt, sondern ließ die einzelnen Instrumentengruppen filigran strahlend und dynamisch komplex in einem ganz neuen Wagnerklang aufgehen. Den grandiosen Abschluss bildete die energiegeladene und mitreisende Darbietung des Vorspiels zu Die Meistersinger von Nürnberg, bei der sich Dirigent und Orchester in einen einnehmenden Sog aus purem Klang begaben. Großer Applaus und Bravorufe setzten ein. Mit dem erhabenen Schlusschor Wagners Meistersinger endete dieser Abend großer Kunst und Musik.

In den Konzerten in Baden-Baden erreichten musicAeterna und Currentzis abermals höchste Formen musikalischer Meisterschaft. Begeisterter Applaus, des bald in Gänze stehendes Saals, brandet auf. Ein berührtes, nachdenkliches, erfülltes Publikum verlässt das Festspielhaus in die Nacht.

Ioco.de

So innig wie ein Gebet

Giuseppe Verdis «Requiem» steht auf dem Programm, das er in den Celli am Rande der Hörbarkeit beginnen lässt. Der erste Einsatz im Chor: so innig wie ein Gebet. Dieses mit Effekten aufgeladene Werk ist ein Paradestück für den Dirigenten und seine Ensembles. Die Extreme werden geschärft, die Homogenität ist verblüffend. Wie ein Magier steht Currentzis vor dem Orchester und differenziert mit zum Teil ganz kleinen Fingerbewegungen die Klangmassen.

Tagesspiegel

Stehende Ovationen und Bravorufe

Das „Dies irae“ wird zum an der Schmerzgrenze musizierten Jüngsten Gericht – mit Panikattacken in den Streichern und Alarmtönen im Blech, mit kernigen Stimmen und massiven Schlägen der grossen Trommel. Die Akustik des Festspielhauses verträgt diese radikale Zuspitzung – und gibt den vielen, leisen, zerbrechlichen Tönen wie den zarten Tremoli der Streicher Raum und Tiefe. Besonders die Mezzosopranistin Ève-Maud Hubeaux berührt immer wieder zutiefst mit ihren fein gesungenen Linien bei diesem mit stehenden Ovationen und Bravorufen gefeierten Abend.

Luzerner Zeitung