28.11.23

Neue Leichtigkeit

Das Programm 2024 lockt mit neuen Farben

Herr Stampa, wäre das Programm 2024 ein Musikwerk, wie würde es sich zu 2023 unterscheiden?

2024 wird ein wenig wie Gustav Mahlers 4. Sinfonie, 2023 fühlte sich dann und wann eher wie Mahlers Achte an. Das Jubiläum hatte seine ganz großen Klangmomente, 2024 werden wir ein kleines Stück „leichter“.

Ist das ein Zugeständnis an den Zeitgeist?

Das würde ich nicht sagen. Wir bleiben seriös, aber die Oper „Elektra“ von Richard Strauss ist schon aufgrund ihrer Länge zu Ostern etwas besser konsumierbar als „Die Frau ohne Schatten“ mit ihren vier Stunden im vergangenen Jahr.

War das ein Problem?

In keiner Weise. „Die Frau ohne Schatten“, oder „FroSch“ wie die Oper in Theaterkreisen genannt wird, stellte einen Besucherrekord in der Geschichte der Osterfestspiele auf. Viele Besucherinnen und Besucher wollten dieses Werk einmal erleben – so häufig wird es ja nicht produziert.

…und dann gibt es auch Operette in 2024 …

Ja, ganz bewusst. Es ist gar nicht so einfach, noch populäre Werke zu finden, die im Festspielhaus Baden-Baden erstmals auf dem Programm stehen. Erstaunlicherweise ist es „Die Fledermaus“ von Johann Strauß. Wir knüpfen mit ihr hoffentlich an den großen Erfolg von „Hoffmanns Erzählungen“ aus dem Jahr 2018 an. Wieder dirigiert Marc Minkowski.

Gibt es weitere Schwerpunkte, die sich durch das gesamte Jahr ziehen?

Wir denken ja wieder stärker in einzelnen Festival-Farben. Dennoch haben wir „Rote Fäden“. 2024 widmen wir uns auf ganz unterschiedliche Weise dem Thema „Filmmusik“. Jonas Kaufmann kommt mit seinem „Movie“-Abend, Sonya Yoncheva entwickelt extra für uns zu Pfingsten eine Filmmusik-Gala und das SWR Symphonieorchester spielt Klassik, die in Filmen eine Hauptrolle übernahm, darunter Strauss’ „Also sprach Zarathustra“.

Mit 17.000 Besucherinnen und Besuchern war das Festival „The World of John Neumeier“ sehr erfolgreich. Wie planen Sie das Thema Tanz weiter, nachdem das Mariinsky-Ballett auf unbestimm[1]te Zeit nicht nach Baden-Baden kommen wird?

Die Sparte Tanz wird 2024 deutlich gestärkt. Es kommen Compagnien aus Paris (Compagnie Käfig/Februar), Biarritz (Malandain Ballet/ Mai), Chicago (The Joffrey Ballet/September/Oktober) und natürlich das Hamburg Ballett John Neumeier wieder im Oktober. Klassische russische Handlungsballette zu Weihnachten in traditionellen Choreografien sind derzeit nicht zu bekommen, da alle westlichen Ballette dieses Repertoire über die Feiertage an den eigenen Bühnen tanzt und wir weiterhin den „Festspiel-Standard“ halten müssen.

Wie entwickelt sich denn das Publikum nach der Pandemie?

Wir sind froh, dass wir im Jubiläumsjahr 2023 mit einem anspruchsvollen Programm eine Auslastung von 90 Prozent erreicht haben. Dabei haben wir so viele Neukunden wie noch nie innerhalb eines Jahres begrüßt. Die Kulturlandschaft erholt sich, die Menschen entdecken das wunderbare Live-Erlebnis wieder, aber es gehört auch zur neuen Realität, dass wir viele langjährige Besucherinnen und Besucher noch nicht wieder zurückbegrüßen konnten. Daran arbeiten wir und hoffen auf eine weitere Normalisierung mithilfe von Stars und jungen Talenten.

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie?

Der Bettenmangel in Baden-Baden steht gerade einer Internationalisierung des Publikums nach der Pandemie entgegen. Wir hoffen sehr, dass die Traditionshotels im Stadtzentrum bald wieder ihre Pforten öffnen. Es gilt einen Megatrend nicht zu verpassen: Viele Menschen suchen große Kulturerlebnisse in der Mitte Europas ohne weite Anreise. Da ist unser Sehnsuchtsort Baden-Baden ideal geeignet. Daher nehmen wir auch das Destinations-Marketing 2024 sehr ernst.