06.07.22

Händchenhalten beim Klavierspiel

Was haben „Die Moldau“, „Peer Gynt“ und Brahms´ Walzer gemeinsam? Jeder meint sie zu kennen, doch nur wenige kennen sie wirklich. Oder wussten Sie etwa, wie erotisch Brahms seine Walzer anlegte?

„Leider nicht von mir“, meinte Johannes Brahms bewundernd über „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss. Er selbst hatte ebenfalls viele herrliche Walzer geschrieben, alles kompositorische Verbeugungen vor seiner Wahlheimat Wien. Der berühmteste Brahms-Walzer stammt aus der Walzerfolge Op. 36, die am 9.7 im Festspielhaus vollständig erklingen wird. An diesem A-Dur-Walzer hat sich sicherlich jeder bessere Klavierschüler einmal versucht. Er konnte dabei zwischen zwei Bearbeitungen des Originals vom unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad wählen: “eine für vernünftige Hände und eine – vielleicht für schönere.”, so Brahms im patriarchalen Idiom seiner Zeit. Dabei hätte er es besser wissen müssen angesichts der zahlreichen virtuosen (Haus)Pianistinnen, mit denen der Komponist gerne und oft korrespondierte (um sie dann, wenn es ernster wurde, doch wieder hinzuhalten).

Im Festspielhaus werden Beatrice Rana und Yannick Nézet-Séguin die Walzer im Original spielen. Diese Urversion für Klavier zu vier Händen hat Brahms für den Kritiker Eduard Hanslick geschrieben. Er versah sein Geschenk mit einem besonderen Gruß: „Ich dachte an Wien, an die schönen Mädchen, mit denen Du vierhändig spielst…“. Ganz kumpelhafter Kamerad, als der er sich hier einmal zeigte (ansonsten war Brahms als Grantler berüchtigt), setzte er die Noten so, dass die Musiker im Spiel kaum umhinkommen, einander immer wieder an den Händen zu berühren. Später wird Brahms „Liebesliederwalzer“ komponieren und so noch genauer verdeutlichen, was seine Walzer nämlich sind: erotische Musik. Es ist ein besonderes Vergnügen, Brahms´ berühmte Walzerfolge Op. 39 einmal unter diesem Aspekt zu hören.