Festival-Vibes
Es ist „Yannick-Time“! Dirigent Yannick Nézet-Séguin nutzt dabei jede Minute – zum Glück auch für Kammermusik mit seinen musikalischen Freunden
Musikerinnen und Musiker empfinden es als besonderen Luxus, wenn sie auch einmal abseits der erwarteten Rollenbilder miteinander spielen und sich überraschen können – dann entstehen die echten Festival-Vibes. Yannick Nézet-Séguin „leistet“ sich immer wieder einmal diesen Luxus und spielt mit Mitgliedern des Chamber Orchestra of Europe Kammermusik. Passend zum Festival-Schwerpunkt 2023 stehen zwei zentrale Werke von Johannes Brahms: Sie spiegeln den frühen wie den späten Brahms.
Das Klavierquintett f-Moll op. 34 steht für den ungestümen Naturfreund Brahms. Aus einem Brief Clara Schumanns an den Komponisten geht hervor, dass dieser das ursprünglich als Streichquintett angelegte Werk noch vor der endgültigen Fassung zu einem Duett umgearbeitet hatte. Im Sommer 1864 – während Brahms’ Aufenthalt bei Clara Schumann in Baden-Baden – spielten beide diese Sonate für zwei Klaviere der späteren Landgräfin Anna von Hessen vor. Diese war so begeistert, dass Brahms ihr das zum Klavierquintett umgearbeitete Werk widmete und ihr das Autograph schenkte. Als Gegengeschenk erhielt Mozart-Fan Brahms das Autograph von Mozarts berühmter g-Moll-Sinfonie KV 550.
Fin de Siècle
Nach der Pause steht Brahms’ Klarinettenquintett h-Moll op. 115 auf dem Programm. Der traurig-schöne Klang des Fin de Siècle liegt über dem 1891 komponierten Klarinettenquintett. Es war ganz dezidiert auf die Kunst eines Interpreten zugeschnitten: des Soloklarinettisten der Meininger Hofkapelle, Richard Mühlfeld. Ihm schrieben die Zeitgenossen „zauberische Töne“ zu. Besondere Hochachtung begegnete Mühlfeld, weil er sich das Klarinettenspiel selbst beigebracht hatte. Viele Jahre saß er als Geiger in der Meininger Hofkapelle und überraschte seine Kollegen eines Tages ohne Vorwarnung mit seinem neuen Können auf höchstem Niveau. Solche Überraschungen lieben Künstler wie Publikum gleichermaßen.