03.05.22

"Besser als Bayreuth"

Pressestimmen zu "Das Rheingold" am 30. 4. 22

Unter der musikalischen Leitung von Yannick Nézet-Séguin begeisterte eine stimmgewaltige und spielfreudige Solistenriege und das Rotterdam Philharmonic Orchestra mit einem konzertanten "Rheingold" Publikum und Fachpresse. Hier ein Auszug der Kritikerstimmen:

Yannick Nézet-Séguin zeigt in Baden-Baden was passiert, wenn ein Dirigent zum Klangregisseur wird,... erfüllt maximale Festspielansprüche.
Der kanadische Musikchef entdeckt selbst altgedienten Wagner-Recken manches an der Partitur neu – vielschichtiger hat man Wagners "sprechendes" Orchester selbst in Bayreuth nur selten gehört. Apropos Bayreuth – dass Nézet-Séguin dort noch nicht aufgetreten ist – unverständlich!
Mit großer Übersicht hält er die Fäden zusammen, dirigiert in das Orchester hinein und fordert dieses zu maximalen Kontrasten heraus. Beim Vorspiel wird man über die Interferenzen der Es-Dur-Klänge förmlich hineingezogen in die sich immer mehr ausweitenden Fluten. Dann, in Alberichs schwarzem Reich, drängt das Dirigat impulsiv nach vorne, um dann die Übergabe des geraubten Schatzes in ein breites Spannungsfeld zu betten. Es fasziniert ein ums andere Mal mehr, wie blind sich Dirigent und Orchester verstehen. (Badische Zeitung)

Transparente und farbenreiche Feinzeichnung (Badisches Tagblatt)

Unterstützt durch nur wenige Requisiten glänzte das hochkarätige Sängerensemble auch durch eine große gestische Spielfreude. Die Möglichkeiten schöpfte der Charakterbariton Samuel Youn mit äußerst modulationsfähigem Organ …voll aus. Die Rheintöchter – ein starkes Terzett mit Erika Baikoff als Woglinde, Iris van Wijnen als Wellgunde und Maria Barakova als Floßhilde.
Wotan zählt zu den Paraderollen des Heldenbaritons Michael Volle, der der Rolle die stimmlich gottväterliche Würde verlieh und doch mit einer gewissen Nonchalance auftrat. Die US-amerikanische Mezzosopranistin Jamie Barton als Fricka war ihm eine ebenbürtige Göttergattin. Christiane Karg überzeugte stimmlich als Freia mit ihrem jugendlich-dramatischen Sopran. Tenor Gerhard Siegel wirkte als Feuergott Loge stimmlich überwältigend und zudem ziemlich gerissen. Der Bass Stephen Milling gab in jeder Beziehung einen passenden Fasold; ihm stand Mikhail Petrenko als sein Bruder Fafner zur Seite, gesanglich stark. Als Mime war Thomas Ebenstein eine gute Wahl. Als Bruderpaar trat Bariton Thomas Lehman als Donner zusammen mit Issachah Savage als Froh sängerisch stark auf. Das Ensemble wurde durch die Altistin Wiebke Lehmkuhl als Erda hervorragend komplettiert.
Aus dem frenetischen Applaus und den Bravorufen des Publikums darf man wohl schließen, dass Kostüme und Kulisse nicht vermisst wurden. Stattdessen bot sich die Chance, sich auf die musikalischen Feinheiten zu konzentrieren, was an diesem Abend besonders lohnte. (Badische Neueste Nachrichten)

Heute nach Dutzenden Aufführungen des Ring-Vorabends die wohl beste Wiedergabe der letzten Jahrzehnte,.. grandiose Sänger-Darsteller*innen…sowie exzellente orchestrale Untermalungen.
Yannick Nézet-Séguins inspirierende Dominanz beflügelte den Klangkörper zu hochkonzentrierter klarer Profilierung der einzelnen Motive im komplexen Orchestergeflecht und schenkte akustische Wonnen gleichwohl zu traumhaft intonierten Harfen-Streicher-Momenten sowie intensiv prächtig disponierten Bläserfraktionen. Mit zehn Minuten Bravochören, prasselndem Applaus und Standing Ovation bedankte sich das begeisterte Publikum. Derart faszinierend, spektakulär, spannend, musikalisch elitär ohne jegliche Regie-Absurditäten kann also konzertante Oper sein! (onlinemerker)