03.03.22

Beseelte Ausdruckstiefe

Der schwedische Rising Star Johan Dalene mit seiner Stradivari bei Sonntags-Matinée

Was für ein Karrierestart: Mit 18 gewann der schwedische Geiger Johan Dalene 2019 die renommierte Carl Nielsen International Competition, lieferte anschließend ein euphorisch bejubeltes Album mit den Violinkonzerten von Tschaikowsky und Barber ab und fasziniert Kritik wie Publikum.

Technische Grenzen scheint er nicht zu kennen und beeindruckt mit für einen derart jungen Künstler erstaunlich beseelten Interpretationen. Das BBC Music Magazine bezeichnet ihn als „einen der besten Violin-Debütanten des letzten Jahrzehnts" und die führenden Konzerthäuser wählten ihn als ECHO Rising Star für die Saison 2021/22.

Der Schüler von Janine Jansen gab sein Profidebüt im Alter von sieben Jahren und spielte mit quasi jedem Orchester seiner schwedischen Heimat. Daneben stehen unter anderem Auftritte mit dem Leipziger Gewandhausorchester, dem Konzerthausorchester Berlin und der Tschechischen Philharmonie auf dem Programm. Soloauftritte führen ihn in Londoner Wigmore Hall und die New Yorker Carnegie Hall.

Johan Dalene spielt die Spencer Dyke, eine Violine von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1736.

Sehnsucht nach verlorener Unschuld

Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen, bietet Johan Dalene bei der Sonntags-Matinée im Festspielhaus die anspruchsvolle Violinsonate Nr. 2 in A-Dur von Johannes Brahms. Brahms komponierte sie „in Erwartung der Ankunft einer geliebten Freundin“, zu Ehren der Sängerin Hermine Spies. Der sonst so zurückhaltende Brahms wurde hier ungewohnt deutlich: „Allegro amabile“ nannte er den ersten Satz, in dem er zwei seiner Lieder versteckte: „Komm bald“ und das berühmte „Wie Melodien zieht es mir leise durch den Sinn“, das er ebenfalls der Sängerin widmete. Eine Musik, die lange nachklingt.

Geistvoll und spritzig-leicht

Dem Zeitgeist entgegen setzte Beethoven bei seinen Kammermusiken auf die Gleichwertigkeit der beteiligten Instrumente. Diese Gleichberechtigung zeigt sich in Beethovens Sonate in G-Dur. Auf engstem Raum ist hier eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten des Zusammenspiels zu erleben. Der geistvolle Kopfsatz bietet in rascher Abfolge wirbelndes Unisono, lebhaften Dialog, Dreistimmigkeit und manches mehr. Zu Beginn des zweiten Satzes übernimmt die rechte Hand des Klaviers die Melodiestimme, dann wieder führt die Violine, und das Klavier begleitet. Auch im weiteren Verlauf wechseln diese Zuordnungen in regelmäßigen Abständen. Das Rondo-Finale inspirierte durch seinen spritzig leichten, brillant-virtuosen Tonfall zum populären Beinamen des ganzen Werks: Es wird in Anlehnung an die „Champagner-Arie“ aus Mozarts Don Giovanni auch als „Champagner-Sonate“ bezeichnet.

Von der Neugier zum Ernst

Wie alle Künstler des Rising Stars-Programms spielt auch Johan Dalene bei seiner Tour durch die renommiertesten Konzerthallen Europas ein neues, eigens für ihn komponiertes Werk. In diesem Fall ist es eine Komposition für unbegleitete Violine, geschrieben von der Schwedin Tebogo Monnakgotla, deren Vater vor der Apartheid in Südafrika fliehen musste.

Die Komponistin, die mehrere Jahre lang Composer in residence des Schwedischen Rundfunks war, beschreibt ihr Stück wie folgt: „In ‚Companion‘ können wir einem Musiker durch sein Leben folgen, von der Neugier des Kindes (Youth), über die Liebe zum Leben während der Jugend (Prime), die Prüfungen des Lebens im mittleren Alter (Battle) bis hin zum rückblickenden Ernst der späteren Jahre (Retrospection). Das Werk hat auch alternative Satztitel, wobei die verschiedenen Lebensabschnitte durch die Namen der Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter dargestellt werden.“

Fasziniert von Blues und Jazz

Von Blues und Jazz, dieser damals neuen Musik aus den USA, war Ravel fasziniert. Typische melodische Wendungen und harmonische Muster des Blues sind in der 1927 uraufgeführten Violinsonate unüberhörbar, doch Ravel integrierte sie in beeindruckender Weise in seinen persönlichen Stil. So erinnert etwa das Klopfmotiv, das im ersten Satz eine wichtige Rolle spielt, an den Rhythmus eines Ragtime. Und im Finale greift Ravel die Motive und Jazzelemente noch einmal auf: Gleich zu Beginn etwa das Klopfmotiv – aus ihm entwickelt sich die ununterbrochene Sechzehntel-Bewegung der Violine, die dem Satz seinen Titel „Perpetuum mobile“ verschaffte.

Am Klavier begleitet wird Johan Dalene von Nicola Eimer. Die Pianistin überzeugt mit ausdrucksstarkem Spiel und großer künstlerischer Sensibilität. Als Solistin und Kammermusikerin spielt sie in Europa, Asien und Amerika ebenso wie in den großen Konzertsälen ihres Heimatlandes, namentlich der Barbican und Wigmore Hall. Absolventin der Juilliard School New York, studierte sie als Fulbright-Stipendiatin bei Joseph Kalichstein. Ihr Interesse an Kammermusik führte zu zahlreichen Duo-Partnerschaften und zur Zusammenarbeit mit bedeutenden Ensembles.